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24.10.2016

Wann kommt der Durchbruch bei der additiven Fertigung?

Fertigungsverfahren, bei denen Material schichtweise aufgebaut wird anstatt überflüssiges Material zu entfernen, sind seit längerem bekannt. In den letzten Jahren haben sich die dort herstellbaren Erzeugnisse von bloßen Gimmicks – wie verkleinerte, farbige Modelle von Universitätsprofessoren – zu echten Alternativen in bestimmten Einsatzgebieten entwickelt. Der große Durchbruch der additiven Fertigung ist allerdings bisher ausgeblieben.

Meiner Ansicht nach sollte sich angesichts dessen kein Anbieter konventioneller Fertigungsverfahren zu sicher fühlen. Auch im 2-D-Bereich hatte die Fotochemie lange ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis. Heute ist sie eine Randerscheinung wie die Vinyl-Langspielplatte. Es lohnt sich daher, die additive Fertigung ebenso wie zahlreiche andere Entwicklungen im Bereich der digitalisierten Fertigung daraufhin zu betrachten, welchen Einfluss sie auf die vier Bereiche Prozess, Produkt, Mitarbeiter und Markt haben wird.

Fertigungsprozesse werden sich durch die additive Fertigung sehr stark verändern. Zahlreiche konventionelle Bearbeitungsverfahren entfallen, ebenso Montagevorgänge. Im Extremfall kann die Fertigung beim Kunden erfolgen. Neue Prozesse und Abläufe sind daher erforderlich.

Produkte können anders aussehen mit additiver Fertigung. Notwendige Eigenschaften können anders realisiert werden. Hier ist also mit zunehmenden Freiheitsgraden bei der Produktgestaltung zu rechnen. Mitarbeiter müssen sich in Richtung Einsatzwerkstoffe für die additive Fertigung und in neuen Konstruktionsansätzen für diese Produkte qualifizieren. Auch die Qualitätssicherung wird sich verändern. Die Kenntnis der Winkel am Schneidkeil, die jahrzehntelang Ingenieure auswendig lernen mussten, wird möglicherweise an Bedeutung stark verlieren. So viele Funktechniker können heute auch nicht mehr Morsecode.

Schließlich ergeben sich neue Geschäftsmodelle, wenn statt des Produkts nur noch das 3-D-Modell desselben verkauft wird und die Fertigung am Einsatzort direkt erfolgt. Unmittelbar daraus leiten sich auch erhebliche Auswirkungen auf die Logistikbranche ab. Allerdings werden dazu auch leistungsfähige Datenverbindungen benötigt, ein Thema, bei dem in Deutschland noch erheblicher Nachholbedarf besteht.

Bereits diese kurzen Überlegungen zeigen, dass die Wirkung und Umbruchwirkung additiver Fertigungsverfahren noch längst nicht ausgeschöpft ist.